Mit einen knurren Laut langte ich neben mir auf den Nachttisch und packte den kleinen runden Wecker. Ich hob den Gegenstand vor mir hoch und sah direkt auf die rot leuchtenden Zahlen des Displays. 02:04 Uhr.
Ich fluchte auf zwergisch, was selbst den hartgesottensten Krieger noch einen Satz rote Ohren verpasst hätte. Eigentlich, so sollte man meinen, sei das Volk der Unterirdischen nicht so mondsüchtig wie die wechselhaften Animalis auf der Oberfläche. Und bei den Gott des Schmiedes, ich war weiß Gott nicht Mondsüchtig, ich schlief jede Nacht gut, egal ob bei Schnee, Regen, oder Sturm. Gut, manch einer hätte die Schlaflosigkeit noch der unbeschreiblich quälenden Hitze des Landes zuschieben können, aber so einfach war es dann doch nicht.
Ruhelos erhob ich mich aus meinen Nachtlager und schob die hauchdünne Decke beiseite. Egal wie heiß es draußen sein mochte, ich brauchte einfach eine Decke, selbst wenn die nicht mehr als ein Stück dünner Stoff wäre. Mit einem Seufzer schob ich meine klatschnassen Haare aus dem Gesicht wieder dahin, wo sie hingehörten. Die Spitzen kitzelten leicht auf meinen Rücken und verpassten mir eine Gänsehaut. Ich war es gewöhnt in großer Hitze auszuharren, auch wenn mein Clan wohl nicht zu den großen Schmieden gehörte. Aber nicht selten war ich bei meinem Onkel, der den Edelsteinen abgesagt hatte und seine große Liebe und den schweren Hammer und Ambos wieder fand. Trotzdem war meine gebräunte Haut mit einen dünnen Schweißfilm bedeckt. Ich roch kurz an mir, ehe ich auch schon angewidert meinen Kopf zurück zog und die Nase rümpfte. „Uwah, großer Fehler. Jetzt benehme ich mich schon wie die Männer, anstatt gleich zu duschen“, murmelte ich leise und verließ mein Schlafzimmer.
Kurz noch warf ich meinen Wegbegleiter einen beneidenden Blick zu, der es sich auf den oberen Rand meines Kopfkissens gemütlich gemacht hatte und schlief.
Das Licht im Badezimmer war das einzige erleuchtete Zimmer in der gesamten Wohnung. Nur das Rauschen des Wassers stemmte sich gegen die Stille, die in allen Räumen herrschte. Gelegentlich mischte sich ein Seufzen zu den einzigen Geräuschen und vermischte sich mit den Rauschen zu einen angenehmen Geräuscheszenario. Es war das genaue Gegenteil, welches mich noch in den Hallen meines Vaters umgeben hatte. Dort gab es nie diese Ruhe, immer drang von irgendwoher das laute Schnarchen eines Zwerges, mit dem man problemlos den ganzen Elbenwald hätte abholzen können. Jetzt, in dieser Einsamkeit, bereute ich meinen Entschluss nicht auf meinen Begleiter gehört zu haben.
Wäre ich niemals in diese Zwergenstadt gegangen, hätte ich auch nie Aremion getroffen und würde jetzt ganz bestimmt friedlich in meinem Bettchen liegen und schlafen.
Kaum spürbar glitt der weiche Schaum meinen Körper hinab und mischte sich auf den Fließen der Dusche mit dem Wasser, ehe es sich gänzlich auflöste. Wie Wattebäusche fielen sie langsam auf den Boden und wurden weggespült die albernen Träume eines jungen Mädchens, das den Ernst des Lebens noch nicht kennen gelernt hatte. Ich war zu stur um zu akzeptieren, dass das Volk mir bald einfach einen Mann ins Bett legen würde, den ich nicht ein Mal kannte. Aber ich war auch alt genug um zu wissen, dass ich mich den Gesetzen beugen musste.
“Ob es so wohl auch Aremion ergangen ist?“.
Mit einen kräftigen Fluchen schlug ich gegen die geflieste Wand und verwünschte meine eigenen Gedanken. Ich sollte aufhören an ihn zu denken und mir die Nächte damit nicht herumschlagen. Es war nämlich das gleiche wie gestern und morgen würde es bestimmt auch wieder so sein.
Ich brauchte Ablenkung, ganz dringend!
Studien für meine Arbeit wollte ich gewiss nicht anlegen, ich wollte meinen Kopf leeren und ihn nicht mit irgendwelche magischen Firlefantz füllen.
Nachdem ich mich abgetrocknet hatte, kramte ich im Kleiderschrank herum und entschied mich für eine schlichte Abendrobe, die aus einer schwarzen Hose, einem weißen Tob, einer Krawatte mit einen Totenkopf und dem dazu passenden Kapi bestand. Oh ja, mein Vater würde sich wieder aufregen, warum ich denn nicht wie ein Zwerg, sondern wie eine Jugendliche der Langen herum lief. Lange, der Ausdruck war in meinen Wortschatz zum Glück nicht gespeichert. Es wäre gewiss peinlich meine neuen Schüler aus Versehen mit „Lange“ anzusprechen, nur weil sie alle viel größer waren als ich.
Zufrieden betrachtete ich mein Erscheinungsbild im Spiegel und grinste. Ich drehte mich und machte lachend eine Umdrehung um die eigene Achse. Mit gefiel mein weiblicher Körper, auch wenn ich ein par Pfunde zu viel auf der Wage hatte. Zumindest nach den Maßeinheiten dieser arroganten Vogelmenschen. Diese wandelnden Streichhölzer würden sich nach mir umdrehen, wenn ihre knochige Frau noch neben ihn lief. Sie hatten doch wirklich nichts in der Bluse.
„Tja, dein Gewicht ist halt gut verteilt Mädchen, du hast mindestens zwei Schlagkräftige Argumente im Top, warum es sich nicht lohnt zu Hungern“, sagte ich keck zu meinen eigenen Spiegelbild, bevor ich mit gestärkten Selbstwertgefühl die Schule verließ und in die Stadt trottete.
Erstaunt von den vielen grellen Lichtern, lief ich durch die Straße, hatte dabei keinen Blick für das Geschehen vor mir. Ich lief durch die Fußgängerzone der Innenstadt und betrachtete voller Staunen wie vielen Reklamen. Chinesisches Essen, Griechisch, Türkisch, Fastfood, deftige deutsche Küche, es gab fast nichts, was hier nicht angepriesen wurde. Eine Straße weiter wurden die Schilder der Restaurants weniger, Spielcasinos und ein gewisses verruchtes Kino priesen jetzt dafür ihre Waren und Dienstleistungen an. Pink, rot, Blau, gestreift, schwarz – weiß, kaum eine Farbe war hier nicht vertreten. Es war schwer sich durch den ganzen Schilderwald zu finden, vor lauter Reklamen verlor ich den Überblick.
Ich blieb vor einer kleinen gemütlichen Kneipe stehen, aus denen das schallende Gelächter eines Betrunkenen drang.
Neugierig beobachtete ich die anderen Bewohner Phoenix’ und stellte zufrieden fest, dass ich nicht die einzige war, die ihren Blick kaum von den vielen Angeboten lösen konnte. Kaum ein Mensch lief vorbei, der nicht seinen Kopf hoch erhoben hatte und sich durch den Reklamewald kämpfte.
Ich machte auf den Absatz kehrt und öffnete die Tür zur Bar.
Das leise quietschen nicht geölter Ösen ging in den lauten Wirrwarr aus Stimmen und Gelächter unter. Stühle, die geräuschvoll über den Holzfußboden geschoben wurde vermischte sich mit den klirren der Gläser. Diese Laute bildeten für mich ein wohl vertrautes Ambiente und so störte es mich auch nicht, dass die Luft von dickem Rauch geschwängert war.
Mit kurzen Schritten ging ich auf den hohen Tresen zu und kletterte auf einen der Barhocker.
„Ein Glas ordentliches Malzbier für eine durstige Frau“, bestellte ich so gleich und schenkte dem Wirt ein ehrliches Lächeln. Dieses Ambiente stimmte mich gleich fröhlicher, ich ignoriere sogar den süßlich ranzigen Duft aus einer dunklen Ecke des Lokals. Es gab immer wieder Gäste die nicht an sich halten konnten und sich noch vor Ort und Stelle übergaben. Tja, die Langen konnten halt nicht so viel vertragen wie ein Zwerg, ihre Mägen waren einfach nicht für den Genuss von Bier gemacht. Außerdem verursachte das Gebräu der Menschen auch immer üble Kopfschmerzen am nächsten Tag. Sie verstanden die Kunst des Bierbrauens halt nicht und würden sie auch nie so gut beherrschen wie ein Zwerg.
Ich betrachtete die Bar und war erstaunt wie hier die Zeit stehen geblieben zu sein schien. Der ganze Raum schien aus den gleichen dunklen Holz gemacht zu sein. Der Boden, die Theke, die Tische und Stühle, einfach alles. Viereckige Säulen erhoben sich aus roten Gestein und stützten die schweren Balken der Decke. Ein einzelner Ventilator rotierte über den Köpfen der Gäste hinweg und versuchte verzweifelt die Temperatur zu senken. An den Wänden hatte man voller Stolz das Geweih eines Hirsches aufgehängt, einige ausgestopfte Tiere zählten ebenfalls zu den Trophäen des Jägers. Das Licht war nur spärlich und wabberte durch den dicken Dunst der Zigaretten orangfarbend hindurch.
„Ihr Bier“. Die grobschlächtige Hand des Wirtes stellte geräuschvoll mein gefülltes Glas mit den menschlichen Gebräu, das diese Langen Bier nannten, auf den Tresen. Die Blume war schön und groß, vielleicht war dieses Gesöff doch gar nicht so schlecht. Ich griff beherzt zu und nahm einen großzügigen Schluck. Das kühle Getränk rann gerade zu befreiend meinen hals hinunter. “Ah, lecker. Genau das was mir gefehlt hatte. Na dann, auf die Sorgenfreiheit“, dachte ich und trank das Glas in großen Schlucken aus.
„Nachschub, lass deine Gäste gefälligst nicht auf den Trockenen sitzen bei solch gnadenlosen Temperaturen“, scherzte ich mit dem Wirt, während mein leeres Glas auf den Tresen donnerte.
Einige Stunden und leeren Bierkrügen später, hatten sich meine Wangen und die Nase rot gefärbt. Ziemlich angetrunken von dem Bier war ich nicht mehr Herr meines Körpers und schaukelte benommen auf den Hocker hin und her, grinste dabei wie ein Honigkuchenpferd. Lallend mischte ich mich in den anzüglichen Trinkliedern der Männer mit ein und grölte ausgelassen mit. Es störte mich nicht, ob sie Lange waren, oder irgendeine Art von diesen mondsüchtigen Animalis, in meinem jetzigen Zustand schätzte ich die als Trinkgefährten und stieß mit ihnen an.
Ich bemerkte wie ein älterer Mann neben mir in meinen Ausschnitt glotzte und beinahe dabei sabberte.
„Ey Alder, pass bloß auf dasch du bei dem Anblick nischt noch an Herzversch… Herzversagen stirbst in deinem Alder. Soll isch dir noch ein Passchfoto davon mitjeben? Isch hau dir gleich so mit der Faust gegen die Birne, dass du nischt mehr weißt wo oben und unten ischt, also nimm sofort deine widerlichen Glubschauchen von mir“, machte ich den Mann streitsüchtig an, grollte dabei mit tiefer Stimme, soweit es eine Frau vermochte. Offenbar waren die Männer noch nicht so betrunken um sich auf einen Streit mit einen Zwerg einzulassen, einer seiner Kollegen zog den Mann rasch an Ärmel weg und zerrte ihn in einen anderen teil der Bar.
„Geht doch! geht doch!“, rief ich noch immer recht laut und griff nach meinem Glas.
Doch meine Laune war verschwunden und so zahlte ich murrend und verließ die Kneipe. Torkelnd stieß ich beim Ausgang gegen eine elegant gekleidete Frau. Erschrocken rang sie nach Luft und legte sich theatralisch ihre schlanke Hand auf die Brust.
„Alte masch den Abflug und tu nischt so dämlisch“, fauchte ich sie an und lehnte mich gegen einen Laternenpfahl. Voller Neid betrachtete ich ihren schlanken Körper in dem weinroten Cocktailkleid. Der dünne Stoff schmiegte sich wie eine zweite Haut an den makellos fettarmen Körper, die endlos wirkenden Beine blitzten hinter den hohen Schlitz im Kleid verführerisch auf. Eine Federboa aus weißen Federn bedeckte ihre schmalen Schultern, die zerbrechlichen Arme stecken in ebenso reinen Samthandschuhen, die fast bis zu den Schultern reichten. Goldenes Haar umschmeichelte die ebenmäßigen Gesichtszüge der jungen Frau, obwohl die erschrocken wirkte.
Ich gab nur noch einen grunzen Laut von mir und verfluchte diese Schönheit, die mit solcher Arroganz in das Lokal trat, dass sich bestimmt alle Männer nach ihr verzehren würde.
Der Abend war gelaufen, mein anfängliches Selbstwertgefühl war durch meine negativen Gedanken und den vielen Bier in den nicht mehr messbaren Minusbereich gesunken.
Zu Hause machte ich mir nicht Mal mehr die Mühe die rauchigen Klamotten los zu werden, traurig warf ich mich aufs Bett und vergrub meinen Kopf schluchzend in dem Kissen. Aufgeschreckt von mir erwachte mein Wegbegleiter und sah mich an, bevor er sich tröstend an mich schmiegte. Doch auch seine Nähe verschaffte mir keinerlei Trost. Ich kam mir so hässlich und nutzlos vor wie schon lange nicht mehr. Große Tränen rannen meine Wange hinab und versiegten in den dicken Federkopfkissen, während draußen langsam die Sonne aufging und einen neuen Tag ankündigte. Fast schon frech krochen die hellen Strahlen der Sonne durch die Ritzen der Roll-Läden in mein Schlafzimmer. Wie als Kind weinte und schluchzte ich bitterlich, doch anders als vor etlichen Jahren kam keiner um mich zu trösten. Ich war erwachsen und alt genug um mit meinem Problem selbst fertig zu werden, kein Papi und auch keine Mami saßen an meinem Bett und strichen mir tröstend durchs Haar, während ihre ruhigen und aufmunternden Worte zu mir sprachen.
Ich war nun Mal zwangsverlobt und das musste ich hinnehmen, egal ob ich es wollte und gleich, ob ich mich ausgerechnet in den verheirateten König der Zwerge verguckt hatte.
(Mein Gott, da hat man Urlaub und was ist die Folge davon? o.O Man schläft tagsüber und ist nachts wach v.v Ich hasse es, wenn ich mir solch einen falschen Schlafrythmus angewöhne, aber dem rpg kommt es irgendwie zu gute XD Ich hoffe du hast Spaß beim lesen und wenn du darauf antworten willst, nur zu, ich würd mich freuen, hab ich wenigstens nicht umsonst geschrieben *g*)
| |