"Warum bist du hier draußen, Paps?" erkundigte ich mich nun doch, blinzelte dabei nur kruz nach oben - ignorierte ansonsten aber den REgen.

Leicht zuckte ich mit den Schultern, ehe ich das Buch wieder wegsteckte. ,,Weiß nicht, wollte nicht rein´´, sagte ich, konnte und wollte meinen Sohn nicht anlügen. Die Wahrheit wollte ich ihm aber auch nicht sagen, zumal er damit nichts zu tun hatte. Ich musste irgendwen, der ungefähr in meinem Alter war sagen das ich Hilfe brauchte und alleine da nicht mehr raus kam, obwohl ich mir sicher war es sowohl Beor wie auch Timo gesagt zu haben.

Seufzend legte ich leicht eine Hand auf seine Schulter. "Man könnte meinen du wärst hier der meermensch oder Wolfsmensch" kommentierte ich leise, erneut unsicher.

(Schlaf gut =) )

Ich hob meinen Kopf und sah Isai verständnislos an, hatte seinen Kommentar nicht verstanden. Aber eines merkte ich inzwischen doch, undzwar das er nicht weiter im Regen stehen durfte, sonst wäre er bald auch so klitschnass bis auf die Knochen wie ich. Nun, um zu meinen Knochen vorzudringen gab es ja auch nicht mehr viele Hindernisse, dick war ich bei weitem nicht, oder gar normalgewichtig.
Ich stand langsam und schwerfällig auf, merkte deutlich wie lange ich mich in der Kälte nicht gerührt hatte. ,,Du solltest reingehen Sohn, sonst wirst du noch krank und morgen erkundige ich mich gleich wegen deiner Burg. Wird zwar wohl noch etwas dauern, auch wegen der Restauration, oder ich hoffe doch du hälst es so lange hier aus´´, sagte ich, dachte natürlich das er freiwillig nicht mehr bei uns war, undzwar wegen mir. Ich führte Isai nach drinnen und begleite ihn noch bis zu seiner Wohnung, die er sich mit Dante, Mark und Mike teilte, ehe ich mich umdrehte und einige Schritte weiter ging. Doch anstatt wieder rauszugehen, hockte ich mich vor Timos Wohnungstür und versuchte so leise wie möglich das Schloss mit meinen Kugelschreiber zu knacken. Es dauerte, aber der Trick gelang mir zum Glück noch immer. Schleichend trat ich ein und schloss die Tür wieder. Normalerweise wäre Beor meine erste Anlaufstelle gewesen und so war es auch, doch zu meinen Bedauern hatte der Heiler nicht reagiert. Offensichtlich war unser Verhältniss, wie es vor meinem langen Schlaf war, wohl wirklich für immer zerstört und hatte einen langen Graben der Distanz erschaffen.
Lautlos bewegte ich mich durch die Wohnung, schließlich hatte ich nicht vorgehabt jemanden zu wecken. Ich ging auch nicht ins Schlafzimmer, sondern wartete in der Küche. Für gewöhnlich der erste Weg nach der Morgentoilette eines jeden Menschen. In die Ecke, wo halt am meisten Dunkelheit war, hockte ich mich auf den Boden und wartete. Ich wusste auch so schon, dass ich nich schlafen können würde und ich brauchte dringend Hilfe, ich verlor mich immer mehr in mich selbst, in meinem Geist. Timo war kein Elf, aber meine einzige und letzte Chance. Sollte auch er nicht bereit dazu sein, oder so ablehnend und distanziert reagieren wie Beor sah ich keinen anderen Ausweg als mein Testament zu machen um meine Familie sowohl finanziell als auch anders komplett abgesichert zu wissen, bevor ich entgültig meinen Verstand verlor und nicht mehr als ein Patient im Wachkoma war.
Aber nach gestern zweifelte ich eigentlich nicht an seiner Hilfe, obwohl ich die flüsternden und lügenden Stimmen in meinen Kopf die ganze Nacht etwas anderes sagen hörte.

(danke, du auch, bis morgen dann ^^)

Erst ein Mal tappte ich barfuß und nur mit Shorts bekleidet an Kai vorbei und schaltete die Kaffemaschine an - vor der ersten Tasse bemerkte ich in letzter Zeit kaum mehr etwas. Nach der zweiten oder dritten war ich meistens so weit dass ich wenigstens klar denken konnte.

Als ich Schritte hörte, hob ich meinen Kopf und sah zu Timo. Ohne es zu bemerken wie leise ich war, stand ich auf und trat hinter den Vogelmenschen. Allerdings hatte ich keine Ahnung wie ich ihn ansprechen sollte. Unschlüssig blieb ich direkt hinter Timo stehen und sah auf ihn herab.

Locker lehnte ich mich an Kai, dachte im ersten Moment noch dass es Dail war. Dass es niemand Fremdes sein konnte, dessen war ich mir sicher. "Hi Schatz" nuschelte ich leise ohne überhaupt erst Mal zu bemerken dass hinter mir einiges nicht stimmte- abgesehen von der Größ unterscheideten sich KAi und Dail wirklich noch in vielen weiteren punkten.

´´Zum ersten ja und ein hi zurück, zum zweiten... ich denke mal nicht´´, entgegnete ich leise, jedoch in Gedanken, obwohl ich meinen Mund geöffnet hatte um genau das zu sagen. Ich blieb starr wie ich war stehen und überlegte, was mir jedoch schwer fiel. Ich wusste nicht so recht wie ich jetzt reagieren sollte, zumal mein zögern sowieso schon für eine einigermaßen normale Erklärung wohl zu spät war. Schweigend legte ich meine Hände auf seine Schultern.

Verdutzt drehte ich meinen Kopf und blinzelte Kai verschlafen an, wozu ich zu ihm aufsah. "Upsch sorry" murmelte ich, hielt dann hastig eine Hand vor den Mund um ein Gähnen zu verdecken - blieb aber leicht an ihn gelehnt stehen. Wenn ich jetzt wegzuckte dachte er sonst noch was falsches.

Ich zog sofort meine Hände zurück und ging ein par Schritte nach hinten als Timo mich bemerkte. Bei seiner gemurmelten Entschuldigung schüttelte ich nur meinen Kopf, da es keinen Grund gab sich zu entschuldigen.

Mich wieder wegdrehend griff ich mir zwei Tassen. "Willst du auch nen Kaffee?" erkundigte ich mich erst Mal.

Ich zuckte zuerst mit den Schultern, ehe ich nickte und mich auf einen Stuhl an den Tisch setzte. Da hatte ich so viel sagen wollen und jetzt? Jetzt bekam ich kein einziges Wort hinaus.

Mich samt dem Kaffee Kai gegenüber setzend sah ich ihn fragend an. "Wie geht's dir heute?" erkundigte ich mich gleich Mal weiter.

,,Das fragst du mich ernsthaft, nachdem ich hier schon ettliche Stunden saß?´´, entgegnete ich und sah dabei auf die Tischplatte. Unruhig knetete ich meine Hände, solch eine Nervosität kannte man von mir wohl noch nicht. ,,Du bist meine letzte Chance und wenn nicht und ich mich auch getäuscht habe in dir und du genauso reagierst wie Beor, Li und all die anderen, kann ich in den nächsten Tagen wirklich mein Testament machen, ich kann nicht mehr, es geht nicht mehr, ich verliere mich vollkommen´´, sprudelte es schließlich aus mir hinaus, ohne darüber nachzudenken. Das einzige was ich bewusst wahrnahm war diese zischende Stimme in meinen Kopf, die mir immer wieder diese Lügen zuflüsterte. ,,Ich bin am Ende, ein einziges Wrack, ich kann nichts mehr´´. Ich ließ meine Hände los und holte das Notizbuch hervor, welches ich auf den Tisch legte. ,,Ich kann überhaupt nichts mehr ohne darin nachzugucken, ich kenne keine Wege mehr, keine Ereignisse von Früher, keine Namen, nichts. Nur meine Familie ist in meinem Gedächtnis geblieben. Ich habe keine Ahnung wieso, aber ich komme da nicht raus, im Gegenteil, ich gerate immer weiter hinein, ich erinnere mich plötzlich an Nichtigkeiten die vor 20 Jahren waren, ich entwickel mich zurück. MIr war klar das es schlimm werden würde, aber nicht das die Erfahrung, den ewigen Frieden gegen endlose Qualen im Fegefeuer meinen Geist so sehr zerstören würden. Es gibt für mich nichts mehr, was das Leben besonders Lebenswert macht. Wäre meine Familie nicht, ich wäre schon längst tot, dann würde ich mich nicht so quälen. Aber selbst mit ihr schaffe ich es nicht, wie soll ich auch? Ich stecke bis zum Halse im Treibsand, allein komme ich da nicht raus und ich werd auch nicht rauskommen wenn ich auf mich allein gestellt bin. Alle meiden mich, sie meiden mich so lange bis es entgültig zu spät ist´´.

Schweigend hörte ich Kai zu, wollte ihn erst Mal nicht unterbrechen. Meine Hand ausstreckend legte ich diese schließlich einfach erst Mal nur auf seine.