Hinter einigen dichten Pflanzen, die die Sicht nach vorne sogut wie verdeckten, erreichten wir auch schon die Stadt. Es bestand keinen Grund eine Mauer darum zu ziehen, die wenigstens Feinde schafften es in die Stadt und wurden meist schon vorher von den Spähern erwischt und getötet. Der Angriff der Zwerge auf unsere Stadt war nur eine Ausnahme und ich sah es auch viel mehr als Krieg an, denn ein normaler Kampf war dies nicht gewesen.
Die Stämme der Bäume in der Stadt waren so dick, dass man die meisten Wohnunge, die auch alles andere als klein waren, in den Baumkronen gebaut hatten. Lange Wendeltreppen, die wie die Häuser, aus Holz bestanden und aufwendig verziert wurden, führten vom Boden zu den Häusern. Die meisten waren auch überdacht, sodass man bei regen nicht nass wurden. Aber nicht alle Elben hatte es in die schwindelerregende Höhe der Baumkronen gezogen, manche hatten ihre Häuser auch auf den Waldboden am Fuße der Bäume gebaut.
Da es inzwischen schon dunkel wurde und das dichte Blattwerk der Bäume das meiste Licht verschluckte, waren hier viele Lampen angebracht, die alles in einen silbrigen Glanz tauchten. Außerhalb der Stadt gab es zwar genügend Elben, die man jedoch meist nicht sah, im gegensatz zu der Stadt, hier gaben sich die Einwohner keine Mühe sich zu tarnen, viele trugen helle Kleidung, die von dem silbrigen Licht einen ganz besonderen Glanz bekamen.

Interessiert musterte ich die Stadt, merkte mir aber nebenbei, wo wir hergekommen waren und wo wir lang ritten - musste ja nicht sein, dass ich hier die Orientierung verlor. 'Interesant' dachte ich einfach nur. Zwar sah es hier nicht aus wie ich es bevorzugte - dazu waren die Bäume hier zu hoch - aber Höhenangst hatte ich ja glücklicherweise nicht und somit konnte ich mich unbekümmert umschauen. Zwar erwartete ich nicht, dass ich mich in der Stadt frei bewegen durfte, trotzdem wunderte ich mich, ob ich mich etwas näher umsehen konnte.

Ich hielt das Pferd schließlich an und löste vorsichtig Barens Arm, ehe ich vom Rücken des Pferdes sprang. Am Fuße einer Wendeltreppe, die am Stamm hinauf führte, begrüßte ich die beiden, ganz in weiß gekleideten Wachen. Natürlich auf Sindarin. ,,Da oben ist meine Wohnung, das Haupthaus in der Stadt. Du kannst dich etwas umsehen oder gleich mitkommen. Wenn du dich umsiehst und später nachkomst, erkundigte dich einfach bei den beiden Wachen hier, einer von ihnen wird dich schon zu mir führen´´, sagte ich zu Baren, wollte jetzt nämlich erstmal meine Arbeit erledigen.

Vom Rücken des Hengstes springend nickte ich leicht, schwieg aber. Da ich erst Mal wissen wollte wo genau Vrael eigentlich hinging. Bevor ich dass nicht wusste, würde ich mich nicht umsehen. Außerdem war ich doch recht skeptisch, ob es sinnvoll war wenn ich hier alleine rum lief - ich konnte mir ja schon denken, wie dass ausging. Trotzdem hatte ich vor mich heute noch umzusehen.

Ich wollte gerade die Treppe hinauf gehen als mich einer der Wächter auf Baren ansprach. Ich dachte kurz nach und nickte schließlich. ,,Fragen brauchst du doch nicht. Der Wächter wird dich aus Sicherheitsgründen auch bei der Besichtigung begleiten. Er kann auch Englisch also wird er dich durchaus verstehen und du kannst ihn ruhig einige Dinge fragen´´, sagte ich zu Baren, ehe ich die Wendeltreppe hinauf lief. Da es ein recht langer Weg war, beeilte ich mich auch nicht.

'Jup, vertraut ruhig den Zwergen' dachte ich nicht gerade begeistert, hatte es früher schon nicht gemocht wenn meine Eltern oder ein Kindermädchen mir folgten. Außerdem mochte ich es nicht, dass mein Onkel mich als sicherheits Risiko ansah - so jedenfalls verstand ich seine Worte. Trotzdem grüßte ich den Wächter und auch seinen Kollegen höflich, drehte mich um und schlenderte wieder den Weg ein stückweit zurück, welchen wir hierher geritten waren. 'Mir wäre es allerdings lieber gewesen, wenn ich gewusst hätte, wo genau Vrael steckt... ist nicht grad angenehm in einer Stadt voller Elben zu stecken die vermutlich alle mehr oder weniger bereit sind einen Zwerg abzuschießen, sobald sie ihn sehen. Aber gut, ist ja nicht so, als könnte ich mich nicht wehren' überlegte ich, war allerdings dankbar, dass ich heute morgen den Dolch wieder mitgenommen hatte. Zwar würde ich niemanden hier verletzen, trotzdem fühlte ich mich mit diesem wohler.
Kurz nur lauschte ich, ob der Wächter mitkam, ehe ich wieder meinen Gedanken nachhing.
Am Stadteingang angekommen wand ich mich nach links und folgte einem der Wege. Da ich davon ausging dass alles was auf den Bäumen gebaut war private Häuser oder Wohnungen waren, hielt ich auf keine der Treppen zu.

Die ganze Zeit über saß ich am Schreibtisch und las mir die Unterlagen durch und unterschrieb hin und wieder welche, während meine Berater mit mir redeten und mich wegen dem Friedensangebot mit den freien Zwergen auszufragen. Schließlich musste noch offiziell solch ein Friedensabkommen gemacht werden.
Nachdem ich aber für heute genug hatte,stand ich auf. ,,Morgen, nicht jetzt´´, sagte ich als die Berater mich aufhalten wollten. Ich verließ das Arbeitszimmer und lief durch das Haus.

(wieder da)

(Sehr schön )

In aller Ruhe war ich eher am Stadtrand entlang geschlendert, bis ich den Wächter schließlich gefragt hatte, ob es hier nicht irgendwo ein Stück Holz gäbe. Etwas erstaunt sah dieser mich an, nickte aber, sobald ich ihm die Maße nannte. Bald schon saß ich halb außerhalb der Stadt - natürlich mit meinem Anhang von Wächter - und war dabei eine kleine Flöte zu schnitzen. Ich wollte erst Mal verarbeiten, was ich in der Stadt gesehen hatte.

Ich lief in mein Schlafzimmer,welches recht groß war, vorallem das Himmelbett. Ich empfand es immer wieder als Ironie, zumal ich darin sowieso alleine schlief, ein kleineres hätte es da auch getan. Meine Sachen ausziehend, ließ ich diese von einer Angestellten in die Wäsche bringen, ehe ich mich wieder anzog, entschied mich dieses mal für eine weiße Hose, helle Stiefel und eine silberne Tunika. ´´Wo Baren wohl steckt?´´, fragte ich mich in Gedanken und verließ mein Schlafzimmer wieder.

Schweigend schnitzte ich an der Flöte und versuchte so den Wächter auszublenden. Zwar war dieser recht höflich, trotzdem störte es mich beobachtet zu werden.
Es dauerte, bis ich die Flöte so weit hatte, dass man ihr einige Töne entlocken konnte. Natürlich war sie nicht perfekt und die Töne auch nicht gänzlich, trotzdem war ich mit meinem Werk zufrieden. Mich im Schneidersitz hinsetzend lehnte ich mich leicht gegen den Baum hinter mir und fing an eine kleine Melodie zu spielen. Von meiner elfischen Seite hatte ich zwar leider keine Gesangsstimme geerbt, aber den Trick mit der Flöte dafür schon. Daher klangen die Töne auch recht süße, trotz der bescheidenen Flöte.

´´Vielleicht sollte ich ihn suchen´´, dachte ich und sah kurz nach draußen. Inzwischen war es recht finster geworden obwohl die Lampen mit dem silbrigen Licht, was an Mondlicht erinnerte, recht hell schienen.
Ich verließ das Haus schließlich und lief die Wendeltreppe um den Baumstamm wieder hinunter, trug auch wieder einige und aufwendige Ohrringe, sowie eine silberne Tiara.

Im Schatten des Baumes bemerkte ich nicht Mal, wie spät es inzwischen war. Der Wächter wagte es wohl nicht mich zu unterbrechen - oder wollte es nicht - daher spielte ich einfach unbekümmert weiter. Meine Augen schließend genoss ich selber die Musik.

Es war nicht schwer herauszufinden wo Baren steckte, da mir fast jeder Elb sagen konnte in welche Richtung er und der Wächter gegangen sind. Ich lief den Weg entlang, bis ich ich eine Melodie hörte. Überrascht sah ich mich um und entdeckte Baren schließlich.

Es dauerte etwas, bis ich Vraels Aura spürte, dann setzte ich aber die Flöte ab. Meine Augen öffnend sah ich kurz zu meinem Onkel, stand dann aber auf.

Ich blieb bei Baren stehen und sah ihn überrascht an. Ihn mit einer Flöte zu sehen war ja mal was ganz anderes. ,,Bin für heute fertig´´, sagte ich schließlich zu ihm.