Recht besorgt musterte ich ihn. "Sollen wir uns Mal etwas auf die Terrasse raussetzen?" bot ich ihm an. 'Er sieht ja wirklich nicht gut aus' dachte ich unruhig. Allerdings fiel mir nichts ein, woran das liegen könnte.

Kurz hielt ich inne und schluckte schwer. Im Grunde war ja genau das die Gelegenheit auf der ich gewartet habe, so konnte ich ihn ja fragen. "Gerne", antwortete ich daher recht knapp und stand auf. Ich legte den dreckigen Lappen weg und sah Beor kurz an, ehe ich bereits zur Terasse lief.

Meinem Sohn folgend musterte ich ihn so gut ich konnte, machte es mir gleich darauf aber bequem. In der Sonne sitzend schwieg ich kurz. "Tut doch gut wenn man mal so die Sonne genießen kann" stellte ich schließlich fest.

Im Gegensatz zu Beor setzte ich mich lieber in den Schatten. Da ich keine Sonnencreme hatte, wollte ich einen Sonnenbrand jetzt lieber nicht riskieren. "Mhm....", machte ich nur zustimmend. "Läasst viele Menschen ja auch gleich glücklicher sein und die Zahl deiner Patienten dürfte sich wohl reduzieren wenn das Wetter so bleibt", nuschelte ich leise, wusste einfach nicht wie ich anfangen sollte.

"Mehr oder weniger... es sind weniger Leute depressive aber dafür passen hier Unfälle weil die Leute unvorsichtig sind" erklärte ich, schmunzelte dann leicht.

"Na gut, das mit den Unfällen stimmt. Allerdings würde ich nicht darauf hoffen, dass weniger Leute depressiv sind. Die, die es im Winter waren und jetzt nicht mehr würd ich nicht wirklich in die Kategorie der Depressiven stecken, eher in.... Wetterfühlige, keine Ahnung, kenne mich damit ja auch nicht aus. Wer ernsthaft an einer Depression erkrankt ist wird sich wohl kaum durch ein par warmen Sonnentrahlen oder durch etwas Vogelgezwitscher besser fühlen", murmelte ich, sah dabei aber absichtlich zur Seite. So war es doch leichter sich an die ganzen Bücher und das überlegte und zurechtgelegte zu erinnern. "Ich meinte damit auch eigentlich eher allgemein alle Patienten. Wenn sich irgendjemand ein Bein gebrochen hat oder ein anderes Leiden hat, wird er jetzt doch sicherlich schneller genesen als wenn er draußen ständig trostloses Grau und Regen sehen muss. Glücksgefühle fördern doch die Heilung und beeinflussen den Körper doch auch positiv. Sowieso glaube ich, dass die neurologische Bedeutung der Heilung des menschlichen Körpers zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Dabei ist eine Narkose doch nichts anderes als ein sehr tiefer Ruhezustand des Bewusstseins, ein viel tieferer Schlaf eben. Wenn man also in der Lage wäre das Bewusstsein eines Menschen zum Beispiel durch eine Illusion so stark zu beeinflussen, dass er tatsächlich einen Narkosetraum sozusagen erlebt ohne dabei die starken Medikamente zu bekommen, wäre das sicherlich gesünder für den Patienten und trotzdem würde er keine Schmerzen verspüren weil die Synapsen im Gehirn für diesen zeitpunkt ja blockiert sind", ratterte ich alles schnell hinunter.

Nur bei seinen ersten Sätzen hatte ich geschmunzelt, danach sah ich ihn zwar erstaunt aber ernst an. Jedoch wusste ich erst Mal darauf nichts zu antworten - wer hätte auch ausgerechnet von ihm eine solche Überlegung erwartet?
Schweigend starrte ich meinen Sohnen an, durchdachte dabei was er gesagt oder teils nur angedeutet hatte. "Dass heißt dir wäre bereits eine solche Illusion eingefallen?" erkundigte ich mich schließlich, hatte aber mehrere Minuten gebraucht um so weit überhaupt mitzukommen.

Unruhig kaute ich auf meiner Unterlippe herum als Beor so lange schwieg. Ich rechnete jede Sekunde damit, dass er in schallendes Gelächter ausbrechen würde und diese Idee für die unüberlegten und naiven Träume eines kleinen Kindes halten würde. Umso erstaunter war ich über seine Frage, weswegen ich nun auch endlich mal zu ihm sah. "Ähm naja... nein... nicht so wirklich.... Im Grunde sind es ja so verwirrende Träume die überhaupt keinen Sinn ergeben, soweit ich von Erfahrungsberichten von Patienten weiß. Man sollte auf jedenfall irgendwas Schönes, Faszinierendes vortäuschen, einen besonders fesselnden und starken Traum halt", druckste ich herum. Darüber hatte ich mir noch gar keine Gedanken gemacht, eher darum, wie man es überhaupt schaffen sollte das Bewusstsein eines Menschen, also seinen Geist, überhaupt so tief zu entführen. Ich würd mich damit dann ja selbst außer Gefecht setzen. Zwar hatte ich mit Feanor schon versucht zu üben einige Illusionen von mir "abzukoppeln", aber so ganz klappte das noch immer nicht, was so manche Blessuren an mir zeigte. Der Schmerz blieb ja aus, den verspürte ich dann ja schon nicht mehr, aber die Verletzungen traten dann doch noch auf.

Leicht nickte ich. "ist eine sehr interesante These" erklärte ich geduldig, lächelte dann leicht. "Allerdings müsste man hierfür wohl mal versuche anstellen... falls du willst finde ich bestimmt Freiwillige... muss ja nicht gleich eine Operation sein. Lässt sich ja auch neutral testen mit Zwickem oder so" mutmaßte ich.

"Bis dahin müsste ich das dann nur schaffen mein Bewusstsein dann außen vor zu lassen. Sonst kippe ich mit um und bin in tiefer Trance für weiß wie lange", sagte ich und seufzte. "Aber es ist möglich den Körper auf so eine Art und Weise zu manipulieren, ich hab es unbewusst schon mal getan".

"In wiefern unbewusst?" hakte ich nach, musterte ihn dabei aufmerksam. Ich war ja jetzt schon interessiert, immerhin war mir alles was meine Kinder interessierte wichtig. Zusätzlich suchte ich stets nach Wegen um meinen Patienten das Leben leichter zu machen.

"Keine Ahnung, unbewusst eben, ich weiß nicht wie", murmelte ich unruhig und sah zur Seite. Unbewusst verschränkte ich meine Arme vor der Brust.

"Musst mir natürlich nicht erzählen, wenn du nicht willst" entgegnete ich beschwichtigend, unterdrückte dabei mühsam einen Seufzer. "Aber deine These ist wirklich interesant"

"Ist nur was von früher, auch nichts tolles... irgendwann wollte ich das ganze halt nicht mehr und der war mir auch zuwider, eigentlich wie jeder, und dann hab ich das irgendwie hinbekommen, dass er auch gar nicht mehr konnte an diesen Abend", erklärte ich das notdürftigste und ließ sämtliche Details aus. Zum einen weil ich selbst nicht mehr wusste wie ich es geschafft hatte und zum anderen weil es mir immer noch überaus peinlich war das Beor meine Vergangenheit und somit auch die Zeit kannte. Dass ich danach natürlich bestraft wurde und es nur bei ein mal blieb wo ich es ausprobieren konnte erwähnte ich nicht, das musste er nicht wissen.

Unsicher sah ich drein. "Ist eigentlich eine klevere Idee" stellte ich zögernd fest.