Im Grunde war die Fastenzeit für mich noch nie sonderlich schwer gewesen. Im Gegensatz zu anderen Vogelmenschen war es für mich sogar selbstverständlich, das ich als Hiwatari während der ganzen drei Tage nicht mal Wasser und Brot zu mir nahm wenn es dunkel wurde, sondern vollkommen auf feste Nahrung verzichtete. Mit Säften war es sogar immer ganz ok gewesen und Milch hatte bis jetzt jeden Hunger gestillt. Gut man war etwas schwach auf den Beinen, aber dafür gab es Nahrungsergänzungsmitel. Jeder Arzt und Heiler hätte die Hände über den Kopf zusammengeschlagen, aber das war mir egal.
Aber was machte man als Vampir, wenn man sowieso nur noch trank? Schlimm genug, dass ich es regelmäßig brauchte, mein letztes mal lag war sogar gewesen, als ich Karal das letzte mal gebissen hatte. Auf den Kalender wollte ich die Tage oder Wochen gar nicht erst zusammenrechnen. Dass ich mich so von einen Menschen abhängig machen konnte, war mir immer noch ein Rätsel und ein großes Ärgerniss dazu. Einerseits wollte ich während der Fastenzeit nichts trinken und andererseits war ich so abhängig davon, dass ich nicht mal anderes Blut wollte als das von den Lawals, oder wie der eigentliche Name von Karals Blutlinie war.
Dies alles wäre wohl sicherlich schon schlimm genug, obwohl ich es mir selbst schwer machte, wäre da nicht noch das Gebot, dass jede Sünde und jeder Gedanke an eine Sünde, bestraft wurde. Und das tat ich genauso in meinem religiösen Wahn wie das Hungern....

Mit kerzengeraden Rücken lief ich recht vorsichtig über den Flur und blieb vor der Bürotür des Heilers stehen. Meine Hand hebend, klopfte ich an.

Wenig begeistert sah ich auf, hatte eigentlich gehofft dass ich heute endlich MAl früher raus käme.
Leise seufzend richtete ich mich wenigstens auf. "Tür ist offen" rief ich, ohne zu überprüfen wer egientlich davor stand.

"Na, da klingt ja wer nicht begeistert und das obwohl ich dieses mal schon klopfe", stellte ich fest, während ich langsam eintrat. Anstatt die Tür einfach so zuzumachen, drehte ich mich umständlich zu der Tür um, schloss diese und drehte mich dann wieder zu Beor um. "Will auch gar nicht lang stören, brauch nur was".

"Guten Abend Kai" grüßte ich, wobei ich hastig meinen Tonfall korrigierte - ich wollte ihn ja nicht vertreiben. "Lass dich von mir nur nicht hetzen... um was geht es denn?" erkundigte ich mich, deutete nebenbei auf den Stuhl vor meinem Schreibtisch.

Ich lehnte mit einem Kopfschütteln ab, als Beor mir anbot mich zu setzen. "Danke, aber es geht wirklich schnell. Du behandelst doch sicherlich Patienten die Zucker haben, oder Nierenprobleme, dann hast du doch auch sicherlich was, um irgendwie den Durst zu stillen?", fragte ich und sah ihn hoffnungsvoll an.

"Vielleicht" entgegnet ich, musterte Kai dabei besorgt. Mühsam hielt ich meine erste Frage zurück - wollte natürlich wissen was er jetzt schon wieder angestellt hatte... aber diese Frage hätte Kai bestimmt nicht gut aufgenommen.

"Hoffe ich doch, ansonsten wird es bald ungemütlich für irgendjemanden hier", sagte ich und seufzte danach. Abwartend sah ich Beor an. "Magst du wenigstens mal nachgucken?".

"Für dich?" hakte ich erst Mal nach, sah dabei aber bereits nachdenklich drein.

"Ja natürlich für mich", antwortete ich und sah Beor irritert an. "Für wen denn sonst?", fragte ich nach und verschränkte die Arme vor meiner Brust.

"Will ja nur sicher gehen" entgegnete ich, zuckte dann leicht mit der Schulter. "ich fürchte da gibt es nichts."

Ich ließ die Arme sinken und sah Beor alles andere als begeistert an. "Du nimmst mich gerade auf den Arm oder?", fragte ich nach, man konnte ja noch hoffen.

"Nein" entgegnete ich, sichtlich bedauernd. "Aber als Vampir wird dir außer Blut nichts bekommen.... sei es Nahrung oder Getränk" versuchte ich zu erklären.

"Ja ich weiß, aber ich kann zur Zeit kein Blut trinken", versuchte ich es Beor deutlich zu machen, ging dabei unbedacht einen Schritt vor. Sofort hielt ich inne und verzog nur kurz das Gesicht.

"Wirst du aber... Karal geht es nun wirklich gut genug dass er dir Blut abgeben kann" entgegnete ich, beobachtete Kai dabei und spielte weiterhin den Entspannten.

"Nein, das geht nicht, du hast ja gesehen was das letzte mal passiert ist. Und vor dem 6. Juni geht das eh nicht, das weißt du doch mittlerweile", entgegnete ich missgelaunt, drehte mich dann wieder, mit steifen Rückrad, um. "Dann werd ich eben anders versuchen müssen den Durst zu unterdrücken".