Obwohl der Abend ruhig ausklang und ich verstand um was es Amigo ging, hatte ich große Probleme mich zu beruhigen. Ich bekam das Zittern weg und auch den Schwindel, aber dafür blieben die starken Kopfschmerzen, das beklemmende Gefühl in der Brust und die Übelkeit. Wobei ich für Letzteres einen anderen Grund kannte, es war der Durst. Dass mich das ganze so stark traf lag wohl auch größtenteils daran, dass sich damit gleich wieder der Gedanke in den Fordergrund drängelte, dass irgendwann der Tag kommen wird an dem ich Amigo gehen lassen muss. Nämlich weil ich trotz allem niemals über Leben und Tod entscheiden konnte und der Tod würde irgendwann seinen Tribut fordern. Jedoch nicht von mir, sondern von Amigo. Ich war dazu verdammt den Tod meines Mannes mitzuerleben und den meiner Kinder, Enkelkinder,....
Ich wollte nicht länger drüber nachdenken.
Sobald Amigo tief und fest schlief, stand ich auf und ging in den Flur. Während die Wohnung unbeleuchtet blieb, hob ich den Umschlag auf und nahm die Beruhingsmittel. Eine Weile blieb ich im Flur stehen, ehe ich meine Reise fortsetzte. So leise wie möglich setzte ich einen Fuß vor den anderen.
Ich setzte mich auf das Sofa und nahm mein Laptop hervor. Es war nur ein kleines Notebock, welches eigentlich nur die Zwecke eines übergroßen Taschenrechners erfüllte. Ja, ich hatte ein Notebock allein für meine Finanzen. Aber wer mit meinen Beträgen hantierte, hatte sonst auch einen eigenen Berater für sowas.
Die sinkende Kurve in der Tabelle versprachen alles andere als gute Zukunftsprognosen. Bisher hatte ich nicht an mein Erbe rangehen wollen, aber so wie es aussah, würd ich es bald müssen. Die Villa kostete jetzt nochmal die Hälfte zusätzlich dank der Unvorsichtigkeit, das Babylon kostete mich, das Labor in Russland, ich hatte zur Zeit mehr Ausgaben als Einnahmen.
"Da muss ich mir eindeutig was einfallen lassen", murmelte ich zu mir selbst und schloss das Notebock. Wieder schlichen sich die Erinnerungen an den heutigen Abend in mein Bewusstsein. Ok, ich hatte mich in der Tat sehr viel eingemischt und indirekt auch schon das ein oder andere verboten. Und wenn ich ehrlich war, hatte es mir damals nicht behagt, dass Amigo seine eigene Werft hat.
Vielleicht lag es daran, dass sich noch immer das mittelalterliche Denken, dass der Mann der Ernährer der Familie war, in meinen Kopf manifestiert hatte. Ok, Amigo war auch ein Mann, trotzdem sah ich mich eigentlich als denjenigen, der in unserer Ehe die Rolle des Mannes übernommen hat. "Das gestern klang wohl tatsächlich wie ein Verhör", sagte ich zu mir selbst und seufzte. Ohne nachzudenken war ich tatsächlich auf den Wegen meines Vaters gewandelt, etwas, was ich immer vermeiden wollte.
"Nützt nichts, jetzt weiß ich es, jetzt kann ich es ändern und drauf aufpassen, dass es nicht mehr vorkommt. Außerdem brauch ich eine gute Idee wie ich Geld in die Kasse kriege". Mit diesen Worten erhob ich mich und nahm das lange, in weichen Leder eingewickelte Schwert aus der untersten Zeile der Kommode.
"Aber zuerst....". Ich streckte meinen Geist nach Aremion aus und weckte ihn. Oh ich würde jetzt gewiss nicht locker lassen bis er aufwachen würde und hier erschien, koste es mich was es wolle und wenn ich ihn persönlich rauszerren müsste.
Seine Zeit lief ihm auch davon.
Doch bevor ich mich auf den Sportplatz draußen traf, schrieb ich noch eine Nachricht für Amigo wo ich war und weswegen. Ich hinterließ diese Nachricht auch nur für den Notfall, schließlich wollte ich wieder zurück sein bevor er erwachen würde.
"Dann werden wir mal wieder einen Adelspopo versohlen".

Da ich nicht wusste wie Amigo reagieren würde, wenn ich auf ihn warten würde, saß ich zwar im Wohnzimmer, hatte aber mein Laptop bei mir und arbeitete heute von zu Hause aus. Hatte heute eh mein freien Tag was die Arbeit außerhalb meiner Wohnung betraf. Ich wollte mich ja eh über einige Sachen informieren und den Trainingsplan für Aremion fertig stellen.

Nach einer Weile kreuzte isai mit den Zwillingen auf. "hi Paps" grüßte er freundlich, während er die sichtlich ausgepowerten Kleinen in die Wohnung trug.

Als ich Isai hörte, sah ich doch überrascht auf, hatte ihn gar nicht mitbekommen, dass er hier war. "Hey", grüßte ich zurück, schluckte meine Frage, wieso die Zwillinge so kaputt waren, lieber wieder runter.

Isai schmunzelte."Paps meinte ich soll sie gut beschäftigen, also waren wir drei draußen im Wald und haben gesammelt - aber was verrat ich nicht, immerin ist bald Ostern" erklärte er geduldig, leis dabei nur aus wo ich steckte.

Den Mund offen, dauerte etwas bis ich ein "ok" über die Lippen brachte, musste mir ganz genau überlegen was ich jetzt sage oder frage. Und... naja, ein "ok" war ja nichts schlechtes. 'Wenn das nicht mal ein Test ist um mich auf die Probe zu stellen ob ich wirklich nicht mehr nachfrage', dachte ich und wandte mich wieder dem Laptop zu. Natürlich hätte ich liebend gern gefragt wo mein Mann war, allein aus den Grund weil ich gerne etwas Zeit mit ihm verbringen wollte. Nach draußen gehen um ihn bei der Arbeit zu besuchen konnte ich ja schlecht.

"So, fürs Abendessen nehm ich euch die Kleinen auch wieder ab - wir sind nur fürs Umziehen hergekommen" erklärte Isai geduldig, während er seine kleinen, großen Brüder mit in deren Zimmer nahm. Kurz darauf verabschiedete er sich schon von Kai, huschte dann samt der Kinder aus der Wohnung.

Danach dauerte es nicht lang bis ich wieder aufkreuzte. Vor der Tür stehend, oder eher leicht schwankend, versuchte ich mit dem Schlüssel das Schloss zu treffen... wäre nur leichter gewesen wenn das Ding sich nicht so schwankend hin und her bewegen würde...

"Äh... tschüß", konnte ich nur noch sagen und sah dann verdutzt Richtung Tür. "Keine Ursache, mir muss man ja nichts mitteilen, bin ja nur der Vater", sagte ich dann, allerdings zu mir selbst da ja niemand hier war.
Als ich die Tür erneut hörte, oder eher den Schlüssel in der Tür, dachte ich das Isai was vergessen hatte, weswegen ich sitzen blieb.

Meinen Blick iritiert hebend sah ich erstaunt hoch. "Scheit wann ischt die... die... äh... das Sch...sch..schlosch denn scho weit oben?" nuschelte ich erstaunt, brauchte etwas um zu verstehen dass ich wohl auf dem BOden sitzen musste.
Wieder aufstehend streckte ich die Hand gen Türschloss, stutzte dann aber. "Pascht nüt" murmelte ich, starrte für einen Moment die Hand an. "Schlüsschel? Schlüüüüschelschen... wo büscht du?" Erstaunt sah ich mich um, entdeckte das Ding schließlich auf dem BOden. "Wasch mascht denn da unten?"

Als ich die Stimme von Amigo, oder eher das Gelalle, hörte, hätte ich fast meinen Kopf auf den Laptop fallen lassen. "Das ist doch wohl jetzt nicht wahr, ich verhör mich grad doch wohl hoffentlich ganz stark", sagte ich, während ich zur Tür lief und diese öffnen. Fassungslos sah ich auf meinen Mann herab. So betrunken kam noch nicht mal ich zu Hause und ich hatte mir schon so manches mal den Kopf weggesoffen.

"Hallo Schuschuhe" nuschelte ich, da ich so vorgebeut noch nicht mehr sah. Etwas umständlich hob ich meinen Schlüssel nebenbei auf, schaffte es auch ziemlich gut mich aufzurichten - jedenfalls wenn man weglies, dass ich mich nebenbei am Türrahmen festhalten musste.
Sobald ich aber meinen Mann entdeckte grinste ich breit, fiel ihm auch gleich - wortwörtlich - um den Hals. "Meu Querido, eu te amo. Eu preciso de voçe" nuschelte ich freudestrahlend, drückte ihm dabei gleich einen Kuss auf die Wange - wobei er notgedrungen auch noch meine Fahne abbekam. Danach brabbelte ich gut gelaunt auf Portugiesisch weiter.

'Es gibt nur eine Erklärung für das ganze, man will testen ob Vampire nen Herzinfarkt erleiden können oder man will mich ins Grab bringen', dachte ich und hob Amigo kommentarlos hoch und trug ihn in die Wohnung. Mit einem nicht gerade leisen Tritt, schloss ich die Tür. Natürlich war ich nicht begeistert meinen Mann so zu sehen, ich wusste selbst wie man unter Alkoholeinfluss ist und das es genug gibt die sowas ausnutzen könnten. 'Ich bin halt so, ich denk halt immer gleich das Schlimmste', dachte ich und setzte meinen Mann auf dem Sofa ab. Schweigend sah ich ihn an, während ich überlegte ob ich wen kenne der Portugiesisch spricht. Anders würde ich ja wohl nicht rausbekommen wo er war, selbst wenn ich fragen würde.

Hochheben lies ich mich noch relativ gerne, musste da aber die Augen schließen und mich an meinem Mann festhalten... die Welt schaukelte so seltsam.
Als er aber meinte mich los lassen zu müssen spielte ich nicht mit sondern hielt mich gleich weiter fest. "Eu tu amo" bekräftigte ich erneut, lächelte dabei recht seelig.

'Timo? Du kannst doch spanisch oder?', fragte ich den Vogelmenschen nach, meinte mich zumindest daran zu erinnern, dass er sich früher mit Amy unterhalten konnte und sie konnte zu Anfang nur Spanisch. Und Portugiesisch war dem ja nicht soweit entfernt meinte ich.

'Kann ich, wieso?' hakte der Vogelmensch recht erstaunt nach, welcher noch immer dabei war Aremion zu trainieren.