'Dann komm sofort her und übersetz mal, Amigo ist sturzbetrunken, redet nur noch Portugiesisch und ich krieg hier gleich nen Herzinfarkt', antwortete ich recht monoton und musterte Amigo äußerst argwönisch. Sollte sich auch nur einer an ihn vergriffen haben oder auch nur was versucht haben würd ich auf der Stelle Amoklaufen, Sonnenuntergang hin oder her. Vermutlich war es ja eh meine Schuld, dass er sich betrunken hatte, wegen unseres Streits.

'Portugiesisch? Na... also wenn er schon nicht deutlich redet, warum fragst du dann nicht seinen Bruder Jo?' schlug Timo recht erstaunt vor.

Derweil kuschelte ich mich ganz entspannt an meinen Mann, wiederholte nur mehrfach meine Liebesbekundung.

'Weil ich grad daran nicht gedacht habe', antwortete ich und wiederholte meine Aufforderung bei Jo, dass er herkommen sollte um zu übersetzen. "Amigo? Wieso bist du betrunken? Und bitte rede englisch mit mir", versuchte ich es und sah Amigo an.

Meine Antwort half Kai wohl nicht, ich versicherte ihm nur dass ich doch Englsich sprach - dummererweise auf Portugiesisch.
Jos Gedanken klangen hörbar amüsant. 'Seit wann verträgt er kein Alkohol mehr?' hakte der junge brasilianer nach, kam aber wenigstens Kais Aufforderung nach.

'Jo mach es nicht noch schlimmer, meine Nerven liegen schon Blank', fuhr ich ihn in Gedanken an, seufzte dann. "Amigo? Wieso bist du so betrunken?", wiederholte ich meine Frage.

"Bin nischt betrunken" lallte ich protestierend, während Jo eintrat.
"Klar bist du dass nicht, Brüderchen... deswegen hat mir auch nur grad jemand deinen Geldbeutel in die Hand gedrückt" stellte Jo fest, der trotz allem grinste. Den Geldbeutel auf den Tisch legend hielt er gleich auf uns zu - ignorierte dabei meinen halb protestierend, halb begeisterten Redeschwall.

Zischend zog ich die Luft ein als Jo das sagte. Wenn man schon das Portemonnaie von meinen Mann stehlen konnte, musste man Amigo nahe gekommen sein, zu nahe. Vorsichtig aber doch bestimmend nahm ich Amigos Arme von mir. "Frag du ihn wie das alles passiert ist und wieso", forderte ich Jo auf, bekam dabei die Zähne fast nicht auseinander. Ihn alleine lassend, trat ich in die Küche.

"Kai... Querido*²... Eu preciso de voçe*" rief ich ihm protestierend hinterher, als er einfach so verschwand.
Jo sah erstaunt drein, setzte sich dann neben mich. Mein kleiner Bruder hatte erst Mal die schwierige Aufgabe mich zu beruhigen, ehe er mich überhaupt befragen konnte.


[* Ich brauche dich; *² Liebster]

Wäre es nicht zu laut gewesen hätte ich sicherlich irgendwas in der Küche zu Boden geschmissen oder sonst kaputt gemacht, einfach nur um meine Wut auszulassen. Ich war mir so sicher, dass es keine normale Betriebsfeier war, sonst hätte mir Amigo das doch wogl gesag. Also musste es ja wohl irgendwie Frusttrinken gewesen sein, oder jemand hatte ihn abgefüllt. Aber wieso er das dann soweit hatte kommen lassen verstand ich nicht. Da war es ja noch Glück, dass Isai die Kleinen mitgenommen hatte.

Bald tauchte Jo in der Küche auf. "Irgendwas bestimmtes was du wissen willst?" hakte er vorsichtig nach.

"Alles", antwortete ich ohne lange nachzudenken, sah Jonathan dabei auch lieber nicht an, sondern starrte aus dem Fenster.

"Heute war eine kleine... nun nennen wir es Betriebsfeier weil Amigo seinen Leuten eine neue Betriebsidee vekründet hat... so was gerät bei uns halt schon Mal etwas außer... den Rahmen. Aber keine Sorge, er wurde Heimgebracht und war nicht allein unterwegs oder so" erklärte mein Bruder einfach nur, während ich weiter aus dem Wohnzimmer rief.
"Des weiteren liebt er dich, vermisst dich und braucht dich" zählte er gleich weiter auf, immer knapp meinen Worten folgend.

"Das ist Absicht, pure berechenbare Absicht", murmelte ich und schüttelte meinen Kopf. Vermutlich hatte ich es ja auch nicht anders verdient. "Ich hab grad kein Nerv Timo eine Mail zu schicken oder gar ihn zu sprechen, könntest du ihn den Laptop so bringen wie er ist? Dort findet er die Trainingspläne für Aremion, inklusive Ernährungsplan und was alles dazugehört", sagte ich müde und ging an Jonathan vorbei ins Wohnzimmer um bei Amigo zu sein.

Verwirrt folgte Jo meinem Mann, sah ihn dabei leicht unsicher an. "Er meint dass bestimmt nicht böse... aber nach all der langen Zeit haben sich seine Leute und er sich eben wieder gefreut dass er sie wieder einstellen kann" beschwichtigte Jo, nahm dabei aber den Laptop.
Sobald ich meinen Mann sah verstummte ich abrupt, streckte aber gleich mine Hand nach ihm aus. "Querido" murmelte ich hörbar fasziniert, lächelte ihn auch gleich an.

Obwohl ich zu Jonathan nichts mehr sagte, war mir klar, dass Amigo das nicht böse meinte. Ich hatte es einfach nur übertrieben, ich hatte ein Problem und das war so offensichtlich wie mein Mann betrunken war. Ich setzte mich neben Amigo und strich ihm sanft die Haare zurück und gab ihm einen Kuss auf den Handrücken. "Es wäre leichter wenn du nüchtern wärst", seufzte ich und streckte meinen Geist nach Beor aus. 'Ok, ich weiß ich habe damals gesagt das ich deine Fähigkeiten als Heiler nicht mehr benötigen werde und ja, das war zu voreilig. Wenn du in den nächsten Tagen mal nen Nachmittag frei nehmen kannst würden es dir meine Nerven und vermutlich die Einrichtung und dein Sohn danken'.